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Label-LSG: Testlauf titelgenaue Abrechnung

Einnahmen LSG2018

Verträge zwischen Labels und Produzenten bzw. Artists sind heute vielfältiger als früher. Neben dem klassischen Bandübernahmevertrag gibt es immer mehr Hybrid-Kooperationen, wo die Grenzen zwischen den Aufgaben eines Labels, dem Produzenten und den Artists neu gezogen werden. Auch nicht selten: Label A veröffentlicht digital und vielleicht noch ein paar CD’s dazu, während Label B im Rahmen einer Koop trendiges Vinyl presst. Damit ist oft auch die Aufteilung sämtlicher Einnahmen aus einem Projekt komplexer geworden. Doch viele Indie-Labels hatten in Vergangenheit das Problem, ihre Einnahmen aus dem Airplay intern nicht eindeutig und vereinbarungsgemäß verbuchen zu können.

Umstellung ist technisch komplex

Nun hat die Label-LSG erstmals trackbezogene Abrechnungen erstellt. Der VTMÖ freut sich, weil damit eine langjährige Forderung erfüllt wird. Voraussetzung war der Einsatz einer neuen Abrechnungssoftware und der Aufbau einer Songdatenbank mit dem ISRC als eindeutigem Code zur Identifizierung jedes Songs. In Deutschland hatte diese Umstellung zu massiven Problemen und stark verzögerten Ausschüttungen geführt: Unzählige von mehreren Rechteinhabern parallel angemeldete Songs (auch „conflicted claims“ genannt) hatten zeitaufwändige Konfliktklärungen notwendig gemacht.

Gut organisierter Übergang in Österreich

Die österreichische Produzenten-LSG wollte solche Probleme unbedingt vermeiden. So kam es in einem konsensorientierten Prozess zur breit getragenen Entscheidung, vorerst nur mit einer überblickbaren Datenbank der 5000 meistgespielten Titel zu starten. Vertreter von großen und kleinen Labels einigten sich in einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe auf Abläufe und Auswahl der Titel für den Testlauf. VTMÖ-Sprecher Alexander Hirschenhauser als gewählter Vertreter der Indie-Labels im LSG-Beirat berichtet: „Es gab eine super Zusammenarbeit über alle Interessensgruppen hinweg, die Atmosphäre war sachlich und konstruktiv. So konnten wir dieses wirklich große Projekt mit breitem Konsens begleiten.“

Bestmögliche Hilfe für kleine Labels

Erstaunlich war laut Hirschenhauser, dass „sogar manche Labels mit Rotation auf Ö3 oder FM4 ihre Songs nicht bei der Label-LSG registriert hatten“. Einige hätten sich auch schwer dabei getan, die notwendigen ISR-Codes einzumelden und generell hätte sich gezeigt, dass viele kleine Labels dringend HiIfe brauchten. Diese Hilfe bekamen sie vom VTMÖ, egal ob bereits Mitglied oder nicht. Interessant ist auch jenes Service des VTMÖ, mit dem ein Label die Radioeinsätze seiner wichtigsten Releases in Österreich abfragen kann. Dieses Service gibt es allerdings nur für Mitglieder – und dazu auch noch kostenlos.

Mehr Transparenz, bessere Nachvollziehbarkeit

Die titelgenaue Verteilung bedeutet jedenfalls mehr Transparenz, wenn die Jahresabrechnung ins Haus flattert: Es wird nun ausgewiesen, welcher Song auf welchem Sender wie viele Sendeminuten hatte. Damit kann nicht nur der Ausschüttungsbetrag viel besser nachvollzogen werden, sondern auch die interne Weiterverrechnung beim Label sauber abgewickelt werden. Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht bringt das einige Vorteile: Bei entsprechender Kostenstellen-Analyse werden die Anteile einzelner Projekte am Gesamtertrag genauer sichtbar.

Kleiner Wermutstropfen: Die komplexere Abrechnung dauert länger und so wurden die Airplay-Royalties von der Label-LSG heuer erstmals erst im September überwiesen. Dies ist auch im Verwertungsgesellschaftengesetz so vorgesehen.

Wie geht es weiter?

Wenn alles gut geht – und davon gehen alle Beteiligten aus – dann werden im nächsten Jahr deutlich mehr Songs titelgenau abgerechnet. Der VTMÖ wird sich dafür einsetzen, dass nicht nur alle neuen Titel mit relevantem Airplay erfasst werden, sondern auch der Kreis der berücksichtigten Sendestationen erweitert wird. Schließlich wurden diesmal hauptsächlich die Sendelisten von Ö3 und FM4 sowie die Austria Top 40 analysiert. In Zukunft müssen aber auch Titel, die z.B. nur auf Ö1 oder in den Regionalradios gespielt werden, in der Datenbank für die Einzeltitelabrechnung erfasst werden.

Klar ist jedenfalls, dass niemand um seine Airplay-Einnahmen umfiel: Die Einsätze von Titeln, die es nicht in den Testlauf der 5000 stärksten geschafft hatten, wurden vorläufig wie bisher labelbezogen abgerechnet. Typischerweise bekamen Labels heuer also einerseits genaue Abrechnungen für die stärksten Titel und gleichzeitig einen Gesamtbetrag für den restlichen Katalog.

Die titelbezogene Abrechnung funktioniert aber nur, wenn die Sendestationen brauchbare Sendelisten übermitteln – also allem voran mit Angabe des jeweiligen ISRC bei jedem gesendeten Werk. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig.

>> Was bedeutet titelbezogene Abrechnung?

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