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Kommt mehr Musik aus Österreich im ORF?

ORF GD Alexander Wrabetz stellte sich am vergangenen Dienstag dem geballten Unmut der österreichischen Musikszene und signalisierte Kooperation. Waren das bloß wieder einmal Ankündigungen oder ist es diesmal ernst gemeint?

Seit 30 Jahren geht es stetig bergab beim Anteil von Musik aus Österreich in den ORF-Programmen. So gut wie nichts im TV (abgesehen von Musikantenstadl & Co.), gerade einmal im mehrjährigen Durchschnitt 8-10% auf Ö3 und noch weniger auf Radio Wien. Einzig Ö1 und FM4 senden Musik aus Österreich in einem Ausmaß, das wir uns von der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt ORF erwarten. An diesem generellen Bild ändert auch nichts, dass es zuletzt rund um den Song Contest ein paar Prozentpunkte mehr waren.

03 Oe3 2008 2014 PK2015

PK Wien 2008 2014 PK2015

PK FM4 2008 2014 PK2015

Anderswo in Europa doppelt bis dreimal soviel

Ein Streifzug durch Europa ergibt ganz andere Bilder: Es muss ja nicht gleich Frankreich sein, wo eine Sendequote von 40% französischsprachiger Musik gesetzlich verankert ist. Abgesehen davon, dass hierzulande niemand wirklich deutschsprachige Musik meint, wäre eine auf die deutsche Sprache abzielende Regelung angesichts unseres zehnmal so großen Nachbarlandes nicht zielführend. Fakt ist, dass öffentlich-rechtliche Sender im europäischen Durchschnitt doppelt so viel Musik aus regionaler Produktion spielen wie in Österreich.

Freiwillige Charta oder gesetzliche Quote?

Bereits zweimal – 2009 und 2013 – gab es freiwillige Vereinbarungen mit dem ORF mit dem Ziel, Sendeanteile zu erhöhen. Die maßvoll vereinbarten Steigerungen wurden beide Male vom ORF nicht erreicht. Konkret scheiterte es an mangelndem Kooperationswillen der Sender O3 und Radio Wien, wo aber die Auswirkungen auf die an österreichische Berechtigte auzuschüttenden Entgelt für Airplay wegen der großen Reichweite besonders hoch sind. Immerhin fließen aus diesem Grund Jahr für Jahr zweistellige Millionenbeträge ins Ausland ab, was nicht nur frustrierend für die heimische Musikszene ist, sondern auch volkswirtschaftlich keinen Sinn ergibt.

Anstoß durch gesetzliche Quote in der Slowakei?

Beim Runden Tisch mit ORF GD Alexander Wrabetz am 2. Juni 2015 im Parlamentsgebäude signalisierte dieser durchaus unerwartet Bereitschaft zur Kooperation. Mag es daran gelegen sein, dass wenige Tage zuvor ein neues Rundfungsetz im Nachbarland Slowakei vorgestellt wurde? Dieses sieht gesetzliche Quoten für Musik von slowakischen Urheberinnen oder InterpretInnen im Ausmaß von 35% im öffentlich-rechtlichen sowie von 25% im privaten Rundfunk vor. Dass diese Quoten auch mittels Musik in slowakischer Sprache erfüllt werden können, ist in diesem Zusammnhang nicht relevant weil bloß Option und nicht Bedingung.

Die Zusagen des ORF

Folgende Zusagen wurden nun konkret gemacht:

  • 15% Musik aus Österreich auf Ö3 und Radio Wien
  • Wöchentliche Sendung mit Neuheiten aus Österreich ab Ende 2015 auf Ö3
  • Neues TV-Format für Musik aus Österreich ab 2016 auf ORF1
  • Übertragung der Amadeus-Gala ab 2017
  • Wiedereinstieg als Fördergeber beim Österreichischen Musikfonds

Im Gegenzug erwartet sich der ORF-Generaldirektor Unterstützung bei seinem Anliegen, mobile Radio-Apps in einer Novelle des Rundfunkgesetzes explizit zu erlauben.

Nach so vielen Jahren vergeblicher Verhandlungen, nach unseren frustrierenden Erfahrungen mit nicht eingehaltenen Zusagen des ORF…werden wir nun beobachten, ob diese Ankündigungen auch tatsächlich in die Tat umgesetzt werden.

Großer Dank gebührt jedenfalls NR Elisabeth Hakel, die diesen Runden Tisch einberufen und die Verhandlungen koordiniert hat.

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